Wohnen mit Wolle: Wie es sich anfühlt, natürlich zu leben

Wir hatten es geschafft. Nach einer langen, kurvigen Fahrt durch die Berge, ein bisschen zu spät und ziemlich erschöpft, erreichten wir endlich unser Ziel. Das Haus lag versteckt, aber wir fanden den Schlüssel und betraten es voller Vorfreude. Wir bezogen eines der Schlafzimmer und ich lehnte mich an die jahrhundertealte Holzwand und fühlte, wie die Anspannung nach und nach verschwand. Es war, als könnte ich den Ballast des Alltags ans Haus abgeben und einfach nur sein. Da war sofort dieses Gefühl von Geborgenheit.

Das Haus, in dem wir landeten, war kein typisches Ferienhaus, sondern ein Ort, der mit einer ganz eigenen Atmosphäre aufgeladen war. In den ersten Tagen war ich fasziniert, wie sehr ich mich dort wohl fühlte. Trotz des goldenen Oktoberwetters und der beeindruckenden Umgebung hatte ich kaum Lust, nach draußen zu gehen. Das Haus hatte mich in seinen Bann gezogen, als würde es mich einhüllen und festhalten wollen.

Irgendetwas war besonders an diesem Ort, und nach und nach dämmerte mir, woran es lag: Es waren all diese natürlichen Materialien, vor allem die vielen Schafwollprodukte, die überall verteilt waren. Sie schienen die Atmosphäre des Hauses mit einer Wärme und Weichheit zu füllen, die ich selten erlebt habe.

Am Morgen lief ich mit einer Tasse dampfendem Kräutertee durch die Zimmer. Auf den Tischen lagen Filzuntersetzer, in verschiedensten Farben und Formen, auf den Stühlen weiche Sitzauflagen aus Filz. In der Küche, die eher schlicht und kühl gehalten war, schufen diese sorgfältig gearbeiteten Srücke genau den Ausgleich, den der Raum brauchte.

Und dann war da noch diese Decke. Im großen Panoramafenster, wo morgens die Sonne über dem Tal aufging, lag eine Wolldecke bereit. Ich kuschelte mich hinein und schaute zu, wie der Tag langsam begann. Es war ein Moment der vollkommenen Ruhe, fast meditativ. Die Wolle umhüllte mich sanft und ich fühlte mich entspannt und geborgen.

Für uns Gäste gab es Filzpantoffeln. Sobald ich sie anzog, spürte ich die Wärme, die sie meinen Füßen gaben, während ich durch das Haus wanderte. Diese Pantoffeln erinnerten mich daran, wie viele Menschen wohl vor mir hier gelebt und gearbeitet hatten. 

Überall im Haus fanden sich Schaffelle, die für mich zu einem Symbol der Gemütlichkeit wurden. Egal, ob im Kaminzimmer oder draußen auf den Bänken – mit diesen Fellen konnte man sich überall einen kuscheligen Rückzugsort schaffen.

Die Einrichtung des Hauses war einfach, beinahe rustikal. Alte Bauernmöbel, die knarrenden Dielen, und ein dicker Wollteppich, der alles zusammenhielt. Es war, als ob diese natürlichen Materialien die Geschichte des Hauses weitererzählten, eine Verbindung zur Vergangenheit, die immer noch spürbar war.

Sogar im Badezimmer blieb diese Einfachheit bestehen. Anstatt mit allerlei Pflegeprodukten überladen zu sein, gab es nur das Nötigste – darunter eine handgemachte Seife aus Schafsmilch.

Es fühlte sich an, als wäre alles, was wir brauchten, bereits da. Das Haus nährte und wärmte uns. Keine Überflutung mit unnötigen Dingen, sondern eine Rückkehr zu etwas Ursprünglichem und Ehrlichem.

Auch jetzt, ein Jahr später, denke ich oft an diese Zeit zurück. Ich spüre fast körperlich die Wärme und das Gefühl von Ruhe, das mich damals durchströmte. Es war mehr als nur ein Haus, mehr als nur ein Urlaub. 

Und seitdem versuche ich, ein Stück davon mit in meinen Alltag zu nehmen. Manchmal reicht schon eine Wolldecke auf dem Sofa oder ein Filzuntersetzer auf dem Tisch, um mich zurück zu diesem Gefühl zu bringen. Ein bisschen mehr Wärme, ein bisschen mehr Natürlichkeit – das ist es, was ich in meinem Zuhause versuche zu schaffen.